Kurz & knapp: Die Rechtsbeschwerde
Wann bei einer Ordnungswidrigkeit eine Rechtsbeschwerde eingelegt werden kann, regelt § 79 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).
Sie kommt beispielsweise dann infrage, wenn sich die Geldbuße auf mehr als 250 Euro beläuft oder ein Einspruch durch ein Urteil verworfen wurde.
Eine Rechtsbeschwerde hilft, wenn der zuvor eingelegte Einspruch abgelehnt wurde. Sie haben eine Woche Zeit, Rechtsbeschwerde einzulegen.
Oft können Sie Rechtsbeschwerde in einem Bußgeldverfahren einlegen
Wenn gegen Sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet und ein Bußgeldbescheid ausgestellt wird, dann sehen Sie sich meist mit einem hohen Bußgeld konfrontiert. Vielen Betroffenen ist jedoch nicht klar, wie sie rechtlich gegen einen solchen Bescheid vorgehen können, wenn dieser in ihren Augen unbegründet ist.
Grundsätzlich haben Sie das Recht, gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Doch was können Sie darüber hinaus tun, wenn Ihr Einspruch abgelehnt wird? In Deutschland haben Betroffene oft die Möglichkeit, eine Rechtsbeschwerde gegen eine Owi, also eine Ordnungswidrigkeit, einzulegen. Doch was hat es damit auf sich? Wie wird ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und gibt es für die Rechtsbeschwerde gegen eine Owi ein Muster?
Inhaltsverzeichnis
Unter welchen Bedingungen können Sie Rechtsbeschwerde einlegen?
Das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde kann auch in anderen Rechtsgebieten angewandt werden. In der Regel wird über sie von einem Gericht per Entscheidung bestimmt. Im Falle der Ordnungswidrigkeit erfolgt eine Entscheidung aber über ein Urteil.
In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde außerdem das einzige Rechtsmittel, also die einzige Möglichkeit der Betroffenen, gegen einen Bußgeldbescheid rechtlich vorzugehen. Wann eine Rechtsbeschwerde bei einer Ordnungswidrigkeit eingelegt werden kann, das regelt § 79 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).
Es ist eine der folgenden Voraussetzungen zu erfüllen, wenn eine Rechtsbeschwerde zulässig sein soll. Dies ist in der Regel der Fall, wenn …
- die von Betroffenen geforderte Geldbuße mehr als 250 Euro beträgt,
- eine Nebenfolge angeordnet worden ist, die nicht vermögensrechtlicher Art ist,
- der Einspruch durch ein Urteil verworfen wurde,
- durch einen Beschluss entschieden wurde, obwohl der Betroffene rechtzeitig widersprochen hatte.
Darüber hinaus können andere Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde ermöglichen. So hat das Beschwerdegericht grundsätzlich die Möglichkeit, eine Beschwerde per Beschluss zuzulassen, wenn durch den Betroffenen ein gesonderter Antrag auf Zulassung gestellt wurde.
Wie läuft eine Rechtsbeschwerde ab?
Das Ziel einer Rechtsbeschwerde ist es, dass vor Gericht eine höchstrichterliche Entscheidung getroffen wird, durch die strittige Rechtsfragen geklärt werden sollen. So kann die Rechtsbeschwerde Ihre letzte Handlungsmöglichkeit in folgendem Beispiel sein:
Sie haben einen Bußgeldbescheid über eine Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten. Angeblich sind Sie auf der Landstraße mit 180 km/h geblitzt worden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit lag bei 100 km/h, sodass Ihnen eine Überschreitung um 80 km/h vorgeworfen wird. Der Bußgeldkatalog sieht in diesem Fall ein Bußgeld von 600 Euro, zwei Punkte in Flensburg sowie drei Monate Fahrverbot vor. Allerdings sind Sie sich keiner Schuld bewusst und sehen es nicht ein, unschuldig eine solche Summe zu bezahlen und sogar darüber hinaus noch Konsequenzen zu tragen.
Als erstes legen Sie innerhalb von einer Woche nach Erhalt des Bescheides Einspruch ein. Dieser wird allerdings vom zuständigen Amtsgericht als unzulässig abgewiesen. Was nun? Jetzt ist oft Ihre einzige Option, eine Rechtsbeschwerde vor einem übergeordneten Gericht einzulegen – bei der nächsthöheren gerichtlichen Instanz . In diesem Fall wäre dies das zuständige Oberlandesgericht.
Die Rechtsbeschwerde selbst wird allerdings an das zuständige Amtsgericht gestellt, welche das Urteil verhängt hat, das nun infrage gestellt werden soll. Sie muss in schriftlicher Form erfolgen und vom Verteidiger des Betroffenen gestellt werden. Dies bedeutet, dass Sie einen Anwalt beauftragen sollten, wenn Sie eine solche Beschwerde einlegen wollen.
Ein Anwalt kann mit Ihnen Ihren Einzelfall begutachten und ein entsprechendes, fallbezogenes Schreiben verfassen, welches er außerdem ausführlich begründen muss. Doch ist es auch möglich, die Anwaltskosten zu umgehen und einfach ein Muster aus dem Internet für eine Rechtsbeschwerde zu verwenden?
Von einer Rechtsbeschwerde anhand vom Muster wird abgeraten
Da Rechtsbeschwerden sorgfältig begründet werden müssen, Fristen und Formalia beachtet werden sollten und sie an Ihren Fall angepasst werden, ist davon abzuraten, sich eines Musters aus dem Internet zu bedienen. Zwar können Sie durch eine schnelle Suche ein solches Muster finden, allerdings bietet es in der Regel sehr geringe Erfolgschancen. Ohnehin muss der Antrag in der Regel von eine Anwalt gestellt werden. Auch die Begründung der Beschwerde muss vom Verteidiger eingereicht werden.
Welche Frist gilt laut OWiG für eine Rechtsbeschwerde?
Möchten Sie Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil in einem Bußgeldverfahren einlegen, müssen Sie bestimmte Fristen beachten. Ähnlich wie beim Einspruch gegen den Bußgeldbescheid haben Sie auch hier eine Woche nach der Urteilsverkündung Zeit, um die nächste Maßnahme zu ergreifen.
Für den Fall, dass Ihnen das Urteil schriftlich verkündet wird, zählt im Regelfall das Eingangsdatum als Beginn der Frist. Die Begründung für Ihre Beschwerde muss nicht sofort mitgeliefert werden. Für diese haben Sie einen Monat ab der Urteilsverkündung Zeit. Auch diese muss schriftlich und durch den Verteidiger erfolgen.
Eine Verlängerung der Fristen ist in der Regel nicht möglich. Allerdings ist es möglich, die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, also die Zurücksetzung, zu beantragen, sollten Sie die Frist nachweislich nicht selbstverschuldet versäumt haben.
Auch haben Sie die Möglichkeit, eine Rechtsbeschwerde ganz oder in Teilen wieder zurückzunehmen. Mit Beginn der Hauptverhandlung verfällt diese Möglichkeit. Haben Sie die Beschwerde einmal zurückgenommen, wird das Urteil rechtskräftig und Sie können nicht erneut Beschwerde einlegen.
Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO im Zivilprozessrecht
Auch in der Zivilprozessordnung (ZPO) ist eine Rechtsbeschwerde vorgesehen. Hier ist diese
allerdings nur dann möglich, wenn …
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
- die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Die Beschwerde hat hier die Funktion, Fragen von grundsätzlicher Bedeutung im Bereich von Nebenentscheidungen vom Bundesgerichtshof (BGH) klären zu lassen. Zusätzlich zur oben angegeben Zulässigkeit, ist die Rechtsbeschwerde außerdem dem Kriterium der Statthaftigkeit unterworfen. Dies bedeutet, dass ihre Anwendung gegen einen Beschluss im Gesetz ausdrücklich bestimmt sein muss oder dass ein Beschwerdegericht sie zugelassen hat.
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